Meine Pferde testen - immer und immer wieder.
Wollen sie die Weltherrschaft oder zumindest die Herrschaft über mich?
Laut Wikipedia ist ein Test ein methodischer Versuch, mit dem festgestellt werden soll, ob die Eigenschaften einer Sache, einer Person oder einer Hypothese den Erwartungen entsprechen. Man kann darüber streiten, ob Kala und Lele immer methodisch vorgehen.
Davon abgesehen macht es Sinn, seine Theorien über die Welt zu überprüfen. Mache ich auch immer wieder. Zum Beispiel bei Lebensmitteln. Schmeckt mir die Mandelmilch tatsächlich besser als die Sojamilch? (Ja, tut sie.) Paßt die Jeans noch? (Manchmal besser als erwartet: Zipp geht noch zu.)
Auch meine Pferde möchten herausfinden, ob ihr Umfeld ihren Erwartungen entspricht. Oder feststellen, wie die erreichbaren Gegenstände und ich ticken. OK, das fällt dann eher unter experimentieren. Ist das verwerflich? Aus meiner Sicht: nein. Ist testen nicht einfach normal für ein Lebewesen? Nach meiner Überzeugung: ja. Und mal ehrlich: wenn Pferde nicht herausfinden wollten, wie sie eine Belohnung aus uns rauskriegen, könnten wir uns das ganze Clickertraining abschminken.
Daß Pferde eher Dinge ausprobieren, bei denen sie angenehme Erfahrungen erwarten, ist nachvollziehbar. Klar ist es doof, wenn bei pferdlichen Versuchsreihen die sprichwörtlichen Späne fallen. „Ja, der Zaun zur Wiese gibt tatsächlich nach, wenn ich mich dagegenlehne.“ Als ich zu spät bemerkte, daß sich Nelly den Pullover vom Zaun geholt, mit einem Huf am Boden fixiert und mit den Zähnen am Ärmel riß (er war dann ab), war ich auch nicht begeistert. Trotzdem finde ich experimentierfreudige Pferde und Tiere, die ihre Hypothesen überprüfen, (meistens) toll.
Wie sieht es mit den Situationen aus, in denen Pferde >testen<, ob sie sich >entziehen< können? Wenn man Pferde als Sklaven betrachtet, die IMMER zu gehorchen haben (von wegen gefährlich, Dominanz usw.), dann fällt das unter >geht gar nicht<.
Wenn die Beziehung allerdings tatsächlich so partnerschaftlich ist, wie oft behauptet wird: Ist das, worum ich bitte bzw. was ich verlange, unangenehm bis schmerzhalt (Thema Gymnastizierung, korrektes Reiten) oder langweilig (Thema Gymnastizierung, korrektes Reiten)? Ist es einfach der falsche Zeitpunkt (Mittagsruhe, akuter Heißhunger…)? Kann ich einfach akzeptieren, daß mein Pferd gerade etwas anderes oder einfach nichts - zumindest nichts mit mir - machen will?
Ich kann die Wahrscheinlichkeit, daß meine Großvierbeinerinnen begeistert mitmachen, durch bessere Planung deutlich erhöhen, weil ich sie gut kenne und weiß, wie sie ticken. Meine Freunde bringen mir schließlich auch Schokolade mit und keine Flasche Wein (die ich bei nächster Gelegenheit an jemand anderen weitergebe, wie sie wissen).
Klar gibt es Situationen - z. B. Wundversorgung (die man noch nicht trainiert hat), wo es nicht möglich ist, ein Nein des vierbeinigen Partners zu akzeptieren. Das belastet die Beziehung und kostet Vertrauen - und wenn es sich häuft, geht das Vertrauenskonto ins Minus. Also so weit als möglich vermeiden und rechtzeitig ordentlich und immer wieder auf das >Trust Account< einzahlen, damit es immer im Plus bleibt.
Laßt uns gemeinsam mit unseren Pferden die Welt erforschen und viel ausprobieren und testen! Partnerschaftlich und in möglichst sicherem Rahmen.
Hoch leben die testenden Pferde!